Schriftsteller

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Güni Noggler

Geb. 1962, Schwaz, Tirol, Austria

Romane, Kurzgeschichten, Gedichte, Radio, Videos, Theater, Workshops, Performances, Einzelausstellungen (Bilder, Skulpturen, Texte, Installationen).

Lesungen und Workshops im In- und Ausland.

Güni Noggler, Freundsberg 10a, 6130 SCHWAZ, AUSTRIA; Mail: gueni(a)noggler.org; Tel.: 0043 670 35 36 644


Put out  Put in!

Irre Despoten (und hier ist das Gendern tatsächlich überflüssig) gehören für immer gestoppt!

... WENN ICH BEI EINER WAHL LEDIGLICH 88,5 % ERHALTE; DANN WÜRDE ICH

MICH ALS DIKTATOR VON MEINEN UNTERTANEN SOFORT UND ENDGÜTIG ZURÜCKZIEHEN!



All inclusive

Kraft und Freude. Gerade ein wahrer Recke vor dem Herrn hat es sich doch mehr als verdient, auch einmal alle seine Viere gerade sein zu lassen und sich in dem Labsal einer touristischen Schlarafferei vom kräftezehrenden Alltag seiner 24-Stunden-Erreichbarkeit zu erholen. Zunächst dachte Herbert K. an einen zehntägigen Aufenthalt an der Ostsee, auf Rügen. So könnte er nebenher das unvollendete Seebad Prora besuchen. Aus reiner Neugier. Ursprünglich acht baugleiche Blöcke am Strand, mit einer Gesamtlänge von 4,5 Kilometern. Beeindruckend. Selbst wenn nach 1945 die DDR den ganzen Komplex als Kaserne verwendet und – typisch kommunistisch – dementsprechend heruntergewirtschaftet hat. Interessant wäre das schon gewesen. Aber ab Mitte September, so hatten seine Nachforschungen ergeben, gleicht die Ostseeküste mehr einer geriatrischen Sonderzone für Hege und Pflege, denn einer Urlaubsdestination für sportlich, dynamische Halbasketen, die sich unter Lebensgefahr zwischen aggressiven, klingelnden Elektrofahrradgreisen auf den Wander- und Fahrradwegen hindurchschlängeln müssen. Abgehakt.

Süden statt Rügen. Auch wenn dadurch der eine oder andere anregende Gedankenaustausch mit einem ostdeutschen Kameraden ins Wasser fiel. Andererseits: egal ob Frankreich, Griechenland, Kreta oder Italien – auf Deutsche trifft man immer. Ständig.

Also ans Mittelmeer. An die Adria. Die Auswahl der Unterkunft überließ Herbert K. mittlerweile seiner Frau. Er hatte einfach nicht den Nerv, sich stundenlang im Internet mit diversen Angeboten, Beschreibungen und Bewertungen herumzuschlagen um schlussendlich resigniert jenes Hotel zu buchen, das seine Frau ultimativ als „dieses oder keines“ zur gemeinsamen Erholung verordnete. Schwamm drüber. Solange es genügend Sportmöglichkeiten gab, akzeptables Essen, ein Ambiente gepflegter Ruhe und Entspannung. Sauber, kakerlakenfrei (man war ja schließlich im Süden) und fernab vom grölenden, jugendlichen Nachtleben sowie pulsierenden Promenaden. Ob drei oder vier Sterne, mit oder ohne Spabereich, das waren für Herbert K. dabei keine Kriterien. Gebucht.

In gut fünf Stunden mit dem PKW erreichbar, hoteleigener Parkplatz in der Tiefgarage samt versperrbaren Abstellplatz für das Gravelbike.

Der Herbst warf schon freudig seine Farben übers Land, als Herbert K. mit seiner Frau über den Plöckenpass nach Italien fuhr. Ein erster Espresso, Traubensaft, Mittagessen in der Trattoria „Benito“ und noch vor 16:00 Uhr konnten sie problemlos in ihrer Unterkunft einchecken. Auspacken, das Rad verstauen, kurz duschen, ein spätnachmittäglicher Spaziergang. Idyllisch.

Das Erwachen kam im Speisesaal. Unangekündigt. Am Nebentisch eine junge Familie aus Deutschland mit Kleinkind. So ein hyperaktiver Bengel der keine Minute stillsitzen konnte, sondern ständig lautstark zwischen den Tischen und Gästen rücksichtslos herumtollte und die gestressten Anweisungen seiner genervten Mutter vollkommen ignorierte. Eine Frechheit. Nicht einmal beim Essen konnte dieses penetrante Kerlchen Ruhe geben. Zuerst verweigerte er lautstark die Pommes, dann die extra bestellten Spaghetti, bis seine Mutter mit hochrotem Kopf ihren Mann anzischte: „Jan, nun sag doch auch einmal was!“

Abrupt stand der Vater auf, packte den Sohn an den Schultern und drückte ihn in seinen Sessel.

„Das reicht! Iss jetzt anständig, sonst setzt´s was!“

Mit einem raschen Griff riss der Bengel dem Vater die Brille von der Nase und schleuderte sie quer durch den Raum. Ein Klatschen, Gebrüll, samt familiären Abgang mit kreischendem, zappelndem Nachwuchs unterm Arm.

So hatte sich Herbert K. das nicht vorgestellt. Die sollten zu Hause bleiben mit ihrem verzogenen Balg! Adults only!

Oder besser noch: ab mit ihm ins Kinderdorf.

Alle "Herbert Geschichten" können online im Alpenfeuilleton nachgelesen werden!


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